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ZEITGEFÜHL

Magazin für hochwertige
Mechanikuhren

Uhrenmarken

Chronoswiss – Erlebnisbericht meines Besuches

Schilderung meines Besuchs bei Chronoswiss in München, dem Pionier auf dem Gebiet feiner und hochwertiger mechanischer Armbanduhren, sowie Reflexionen zu Qualität und Wertbewußtsein.

Ein Erlebnisbericht, der persönliche Erfahrungen bei einem Firmenbesuch schildert und sich als Lehrstück über den Unterschied zwischen der Echtheit des Seins und der Hohlheit des Scheins versteht.

Den vollständigen, 16 Seiten und zahlreiche, auch farbige Bilder umfassenden Beitrag finden Sie im ZEITGEFÜHL-Uhrenbuch.

Da gibt es also, noch im Stadtgebiet von München gelegen und bloß eine halbe S-Bahnstunde für mich entfernt, eine Uhrenfirma, die die Renaissance der Mechanikuhr Anfang der 80er Jahr mit eingeläutet hat? So hätte ich das vorher noch nicht betrachtet. Auch Gerd-Rüdiger Lang, der Gründer und Inhaber der Uhrenfirma Chronoswiss, würde es vermutlich anders ausdrücken, um die Zuordnung zum bedeutungsvollen "Swiss Made" nicht mit Zweifeln zu belasten. Aber für mich war es vielleicht gerade deshalb eine Art Neuentdeckung des Selbstverständlichen, die sich bei meinem Besuch in der Firma nun vollzog: So weit, wie ich immer dachte, brauche ich ja gar nicht zu fahren, um an den Kern dessen zu gelangen, was ich hier immer beschreibe:
— Glaubwürdigen Einsatz für echtes Wertverständnis,
— Wahrnehmung einer anderen Bedeutungsebene von mechanisch hochwertigen Produkten sowie
— ein Stilempfinden, das von modernen Maschen und hohlen Effekten vollständig frei ist.

Chronoswiss Delphis

Chronoswiss Delphis

In dem Gespräch mit Herrn Lang zeigte sich für mich sehr schnell, daß keine Verständigungsbarrieren in Bezug auf diese Gesichtspunkte niederzureißen waren — wie es sonst so oft der Fall ist, ja wie es oft mit noch so vielen Worten nicht zu transportieren ist, einfach weil der Gegenüber gar kein Erfahrungspendant zu diesen Worten kennt, die ihm dann nur wie leere Phrasen erscheinen müssen oder wie besonders heimtückisch ausgeklügelte Werbe-Schaumschlägerei. Echtheit, Qualität, Tradition, Handwerk, Genauigkeit, Klarheit, Fleiß, Präzision, Vertrauen, Ehrlichkeit — das sind nur ein paar Beispiele für solche Worte, die für den einen bloß leeres Geschwätz darstellen und für den anderen etwas, das in ihm schwingt und das er nicht nur als wichtig, sondern als entscheidend für sich und sein eigenes Leben erkennt.

Mich haben schon seit jeher nicht nur die Uhren (als kalte, tote Produkte dem Menschen gegenüberstehend) interessiert, sondern die Menschen hinter den Uhren — und damit eigentlich nur ein weiterer, von vielen leider mißachteter Aspekt dieser Uhren selbst, denn Uhren sind eben nicht nur Gegen-Stände, sondern etwas zum Menschen Gehöriges: Spiegel, Resonanzkörper, manchmal auch Freunde — und Vehikel für die Erfahrungen, die Geschichten, die Leidenschaften und die Fähigkeiten des Menschen. So wie unter dem Automobil immer auch die Marke verstanden wird, aus der es stammt, und damit eine von menschlichem Engagement getragene Entwicklung mit vielerlei Aspekten (technisch, wirtschaftlich, historisch, stilistisch, marketingmäßig), verkörpern Uhren einer bedeutsamen Marke immer auch die Geschichte derer, die hier ihr Wissen, ihre Fähigkeiten, ihr Verständnis, nicht zuletzt aber auch ihre Charaktereigenschaften und ihr Herzblut investiert haben.



Nur wer alles das mit berücksichtigt, wird nachvollziehen können, welche Rolle Gerd-Rüdiger Lang und seine Marke Chronoswiss in der Uhrensparte gespielt haben und weiterhin spielen. Denn diese Marke ist zuallerletzt ein Marketing-Gag, ein Produkt flotter Sprüche, modischer Anspielungen auf Prominente und deren jeweilige Geschmäcker oder auftrumpfender Anzeigenkampagnen. Auch das hat Marken gemacht und am Leben erhalten. Weniger die Uhren. Die wurden dann, wenn die Werbung nur zugkräftig genug auftrat, sozusagen als Begleiterscheinung gekauft und getragen. Ist das nicht unglaublich fade?

Vielleicht muß man Herrn Lang persönlich erlebt haben, damit es bei einem Klick macht und damit man weiß, daß es hier anders ist. Vielleicht muß man die eigene Menschenkenntnis hier das Urteil sprechen lassen, um überzeugt zu sein. Denn wer kann selbst genau die Qualität einer Uhr einschätzen, wenn er nicht selbst Uhrmacher ist? Aber ob es einer ehrlich meint, das wird, wer selbst ehrlich ist und Ehrlichkeit entsprechend hoch einschätzt, merken, wenn er dem Menschen begegnet, der solches verkörpert.

Absolute persönliche Integrität und Glaubwürdigkeit sind das eine, hohe fachliche Qualifikation das andere. Wenn beides zusammen kommt, gibt es einen Zündfunken, der erhebliche Energien freisetzt.


Es begann damit, daß Gerd-Rüdiger Lang im Braunschweiger Uhrengeschäft Jauns das Uhrmacherhandwerk erlernte. Sein Weg führte ihn dann zu dem traditionsreichen Uhrenhersteller Heuer (heute TAG Heuer). Wie jeder, der sich etwas mit Uhren auskennt, weiß, hatte sich Heuer vor allem auf Zeitmessung spezialisiert, und genau auf diesem Gebiet engagierte sich auch Herr Lang. So wirkte er bei zahlreichen Veranstaltungen als offizieller Zeitnehmer mit, etwa bei verschiedenen Formel-1-Rennen und bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau. Wer den sehenswerten Film "Le Mans" angeschaut hat, in dem Steve McQueen nicht nur den Hauptdarsteller spielt, sondern den er weitgehend in Eigenverantwortung herstellte, kann sich vielleicht an die besonders realitätsnahen Szenen erinnern, die das Renngeschehen plastisch wiederspiegelten. Dazu gehörte damals natürlich auch eine originale Zeitnahme, bei der Herr Lang für einen professionellen Auftritt sorgte.

1980 legte Lang die Uhrmacher-Meisterprüfung auf der Würzburger Meisterschule mit Erfolg ab. Ausgerechnet 1980? War da nicht gerade dieser historische Umbruch in der Uhrenbranche? In der Tat erfuhr die schweizer Uhrenindustrie gerade zu dieser Zeit ihren schwersten Schock. Aufgrund der rapiden Zunahme japanischer Quarzuhren galt die mechanische Armbanduhr endgültig als passé. Jeder meinte damals, mittels der ultrapräzisen Quarzuhren hätte ein neues, angeblich auch besseres Zeitalter begonnen — und nicht nur hier, sondern auch in vielen anderen technischen Bereichen, man denke nur an das gleichzeitige Auftauchen des Personal Computers (PC) oder der Digitalen Schallplatte (CD), die ebenfalls grundlegende und für viele auch schmerzliche Umwälzungen in alteingesessenen Branchen heraufbeschwörten. Ich könnte etliche weitere Beispiele nennen, man denke nur an die Raumfahrt, die Atomkraftwerke, die Weiterentwicklungen in der wissenschaftlichen Medizin oder die Umstellung der Drucktechnologien von Bleisatz zuerst zum Fotosatz und dann binnen kürzester Zeit wiederum zum Computer-Satz.

Allein der Übergang vom Analogen zum Digitalen war ja nicht nur ein gradueller, sondern er kennzeichnete etwas zutiefst Symbolisches: Den Abschied vom als veraltet betrachteten Traditionell-Menschlichen, die Ankunft einer von Computern und anderen hochkomplizierten Systemen beherrschten Welt, außerdem den scheinbar endgültigen Sieg der Logik über alle anderen Denk-, Fühl- und Wahrnehmungsweisen. Diese Entwicklung hatte eine Geschwindigkeit und aufgrund ihrer verblüffenden Möglichkeiten auch eine Überzeugungskraft entfaltet, die jeglichen Widerstand oder Widerspruch bereits im Keim ersticken ließ. Es schien nur noch so weitergehen zu können, ja keiner wurde überhaupt noch gefragt, wie er sich denn damit fühlte, wenn es so weiterging, denn wir alle hatten gar keine andere Wahl, als hier mitzumachen. Und eine Kultur und Gesellschaft, die bereits das Neue als solches schon als besonderen Wert betrachtet, ist besonders anfällig für euphorische Reaktionen, die zu einem gehörigen Teil aus der Hoffnung gespeist sind, die Zukunft würde alles schöner, besser und vor allem komfortabler machen als bisher.

Ich sagte: "Jeder meinte damals, ein neues Zeitalter hätte begonnen." Nicht ganz jeder. Herr Lang war durch die Umwälzungen just in dem Moment seiner Arbeits- und damit auch Existenzgrundlage beraubt worden, wo er sich anschickte, der Welt seine Fähigkeiten erst so richtig zu beweisen. Er war in einem Metier ausgebildet und amtlich zum Meister gekürt worden, das nun sozusagen unter seinen Füßen wegrationalisiert wurde. Damit fand er sich nicht ab. Zum Glück, kann man rückblickend nur sagen. Parallel zu Jean-Claude Biver (ich habe dessen Geschichte bereits im Blancpain-Beitrag des ZEITGEFÜHL-Uhrenbuches beschrieben), aber unabhängig von diesem und von einer anderen Motivation gespeist, wie sich mittlerweile zeigt, entschloß er sich, diese scheinbar so übermächtige, siegreiche und allgemein auftrumpfende Denkweise der digitalen Beglückung zu ignorieren. Und sie zu ignorieren heißt, ihr die Stirn zu bieten, und ihr die Stirn zu bieten heißt, ganz allein dazustehen und einen scheinbar aussichtslosen Kampf David gegen Goliath anzuzetteln. In der Regel gewinnen die Goliaths, aber manchmal auch die Davids, und wen freut das dann nicht?

Heute, nach dem — so sage ich einmal, ideellen und spirituellen — Sieg des David sieht alles ganz einfach und klar aus. (Materiell weisen die Quarzuhren zwar immer noch die größten Zahlen auf, denn die Masse wurde und wird stets vom Billigsten angezogen, aber in jeder anderen Hinsicht gesiegt haben dennoch die mechanischen Uhren, und zwar mit Glanz und Gloria.) Aber damals war alles noch ganz anders. Als Lang 1981 in München seine Spezialwerkstatt für Chronographen gründete, schwamm er komplett gegen den Strom, denn er tat genau das Gegenteil wie die anderen: Die schlossen gerade derartige Produktionsstätten. Sein Grundgedanke war: Es wird immer einen kleinen Kreis von Kennern geben, die das, was über hundert Jahre als Nonplusultra der Qualität galt, die hochfeine, ästhetisch befriedigende, technisch zuverlässige, ungiftige, lebendig tickende Mechanikuhr mit ihrem so faszinierenden und sympathischem Werk, weiter schätzen und auch suchen werden. Es gab ja immer auch noch ein paar Liebhaber von Taschenuhren — es würde immer auch noch eine Handvoll Firmen geben, die Taschenuhren weiter herstellten, genau so wie es immer Menschen geben wird, die Antiquitäten suchen, anstatt sich moderne Möbel zu kaufen, oder die alte Bilder, alte Musikinstrumente, alte Teppiche usw. haben möchten und dann auch bereit sind, dafür das entsprechende Geld hinzulegen. Und so könnte es, mit kleinen und kleinsten Stückzahlen als Erwartungshorizont, auch mit den Armbanduhren sein. Eine Sache für Kenner und Liebhaber eben.

Also eine Art in kleiner Seitennische aufrechterhaltener Anachronismus. Das war die Zielrichtung. Diesen Leuten mußte man dann aber auch wirkliche Qualität bieten, Uhren also, die sich auf dem höchsten Stand dieser traditionellen Art von Fertigungstechnik befanden — keine übriggebliebenen Mechanikserien, die überall herumlagen wie alte Kartoffeln und die auch zum halben Preis keiner mehr haben wollte. Dazu eigneten sich besonders Komplikationen wie der Chronograph mit seinen zusätzlichen Zeigern sowie die Mondphase — alles Uhren, die gegenüber den damals noch üblichen Digitalanzeigen der Quarzuhren die klassischen Stärken der Mechanik ausspielen konnten: Ein zusätzliches Plus an Funktion, Anmutung, Gefühl (besonders bei der Mondphase, man denke nicht zuletzt an die damals ebenfalls aufkommende New-Age- und Esoterikwelle), vielleicht auch einfach kindhaft-faszinierende Zeigerspielerei für den Besitzer. Der 1982 von Lang unter dem Namen "Chronoswiss" auf den Markt gebrachte Chronograph besaß nicht nur die Mondphaseanzeige, sondern auch einen Mineralglasboden, was damals, im Gegensatz zu heute, noch sehr ungewöhnlich, aber genau die richtige Entscheidung war, denn diesen Blick aufs Werk konnte ebenfalls keine Quarzuhr bieten und hätte ihn auch, wenn er vorgekommen wäre, nur mit Schamröte ertragen.

Chronoswiss Régulateur

Chronoswiss Régulateur

In den darauffolgenden Jahren baute Lang die Marke Chronoswiss konsequent auf. Dabei half ihm, daß die Modelle durchaus begehrt waren und sofort zu gesuchten Sammlerstücken avancierten. Einen besonderen Markstein, der Uhrengeschichte geschrieben hat, stellte 1987 das neue Modell Régulateur dar, denn es war die erste serienmäßige Armbanduhr mit sogenanntem Regulator-Zifferblatt. Zur gleichen Zeit etablierten sich auch die für Chronoswiss typischen stilistischen Merkmale wie verschraubte, kannellierte Lünette und verschraubte, also besonders sichere Armbandanstöße.



Was dann geschah, übertraf jedoch alle Erwartungen. Denn im weiteren Verlauf ereignete sich nicht nur eine Erfolgsstory, wie sie im Buche steht, sondern jedes neue von der Firma lancierte Modell bestätigte auch eindrucksvoll den Triumph der von Lang mit eingeläuteten Mechanikrenaissance. Der Régulateur Automatique verfügte über das exklusive Chronoswiss-Kaliber C.122, aus alten Enicar-Beständen zur eigenen Verfügung gesichert und zusätzlich remontiert und veredelt. Es erschienen die mit griechischen Namen benannten Modelle Kairos, Orea, Delphis, und dann purzelten auch die Auszeichnungen: Lang erhielt einen 1. Preis als erfolgreicher Jungunternehmer, seine Uhren wurden von bekannten Magazinen zu Uhren des Jahres gekürt sowie mit Innovationspreisen versehen, und auch der eigens auf die Persönlichkeit von Gerd-R. Lang fokussierte Werbeauftritt erhielt eine Auszeichnung bei einer Veranstaltung in New York. Der Ruf der Uhren erreichte inzwischen auch fernere Kontinente und führte zu guten Verkaufszahlen in Amerika und im Fernen Osten.


Chronoswiss Chronograph Rattrapante

Chronoswiss Chronograph Rattrapante

Chronoswiss-Uhren erwecken meistens auf Anhieb das Interesse des Betrachters durch ihre besonders aufwendigen Zifferblätter. Je nach Modell wird hier mit unterschiedlichen Herstellungsverfahren gearbeitet, die der Uhr jeweils ein ganz persönliches Gesicht verleihen. Ein traditionelles, früher häufig eingesetztes Verfahren ist z.B. die bei der Orea verwendete Emaillierung, bei der das Metall des Zifferblatts unter hoher Hitze mit einer Schicht aus Spezialglas überzogen wird. Dieses Vorgehen ist aufgrund seiner Anfälligkeit für Beschädigungen und Sprünge so aufwendig, daß es für längere Zeit ganz aus der Uhrenherstellung verschwunden war. Lang ging es jedoch darum, das leuchtende Weiß und die besonders kompakte Anmutung dieses Materials für die Uhrenherstellung wiederzubeleben und sich auch nicht durch höhere Produktionskosten davor abschrecken zu lassen, einen früher schon einmal vorhandenen hohen Standard wieder zu erreichen.

Ein anderes, von Chronoswiss zur höchsten Perfektion entwickeltes und häufig eingesetztes Verfahren zur Verschönerung und Verfeinerung des Uhrenanlitzes ist die Guillochierung, wie sie vor allem bei der Delphis (siehe Bild oben) sehr schön zu sehen ist und ebenfalls von den klassischen Modellen des Herstellers Breguet her bekannt ist.

Die Anzeige der Mondphase und ihren symbolträchtigen Verweis auf eine andere, den Zusammenhang aller Dinge einbeziehende Art des Denkens habe ich bereits erwähnt — sie kommt auf besonders harmonische und ausgewogene Weise zur Geltung bei dem auch entsprechend benannten Modell Lunar, das zu den klassischen Evergreens bei Chronoswiss zählt.

Chronoswiss Lunar Chronograph

Chronoswiss Lunar Chronograph
Gehäuse in Rotgold

Wer das ebenfalls wieder wunderschön guillochierte Zifferblatt genauer studiert, wird sehen, wie die vom Werk ETA 7750 vorgegebene Anordnung der Totalisatoren für Stunden, Minuten und Sekunden (nicht Stop-Sekunde: das ist der große Zeiger) ideal ausbalanciert wird durch die bei der 3 plazierte Mondphasenskala. Damit auch hier nichts das perfekte Bild stört, ist der Datumskalender an die äußerste Peripherie des Zifferblatts gewandert, wo er mit seinen ansprechenden arabischen Ziffern nicht eleganter und stilvoller eingefügt werden könnte. Für mich gehört dieses Zifferblatt zu den schönsten Uhrenzifferblättern überhaupt.

Die ebenfalls von Breguet her bekannten und nach Abraham-Louis Breguet benannten Zeiger sind aus gebläutem Stahl.

Mit den Modellen Opus und Pathos (als dessen Rattrapante-Variante) begab sich die Firma aufs Feld der skelettierten Uhren, und zwar aufgrund einer modernen Herstellungsweise zu vergleichsweise günstigem Preis. Wie mir Frau Josefine Müller bei der Führung durch die Werkstatt mitteilte, handelt es sich immer noch um die weltweit einzigen Uhren, bei denen Skelettierung serienmäßig angeboten wird.

Eine weitere Neuerung war die Verbindung von analoger, digitaler (Springende Stunde) und retrograder (rückläufiger) Anzeige, wie sie in der Delphis mit ihrem ungewöhnlichen Zifferblatt in dieser Kombination zum ersten Mal erschien. Die dafür eigens neu konstruierte, aus rund 60 Teilen bestehende Schaltung, die dem exklusiven Automatikwerk C.124 aufgesetzt wurde, ist als Patent angemeldet und eingetragen worden.

Als jüngste Entwicklung konnte Chronoswiss in Kooperation mit dem Werkehersteller Progress inzwischen sogar einen Regulator mit Tourbillon-Werk präsentieren. Und auch das zu einem Preis, der erheblich unter den sonst für Uhren mit Tourbillon üblichen Größenordnungen blieb. Entsprechend war die Serie in kurzer Zeit ausreserviert.

Swiss Made darf übrigens, um diesen Punkt auch noch aufzuklären, deshalb auf den Uhren stehen, weil ihre Werke aus der Schweiz stammen und sie in der Schweiz montiert, eingeschalt sowie der Endkontrolle unterzogen werden, und weil eine Uhr, die diese Voraussetzungen erfüllt, laut offizieller schweizer Verordnung dann diese Bezeichnung tragen kann.


Was macht nun, abgesehen von der Wiederbelebung mechanischer Fertigungstradition, wie es sie bekanntlich bis ca. 1980 noch überall gegeben hatte, das Besondere an Langs Uhrenschöpfungen aus? Es ist nicht die Mechanik etwa der 50er oder 60er Jahre, der er sich verpflichtet fühlt, sondern seine Meßlatte liegt um einiges höher. Nicht zufällig lautet einer seiner wichtigsten Wahlsprüche, wie er auch in den Anzeigenkampagnen immer wieder zu lesen ist: "Meine Uhren gehen alle 100 Jahre nach." Warum gerade 100 Jahre? Was er damit meint, ist nicht irgendein Geschmack, irgendein Stil, irgendein technischer Stand von vielen anderen möglichen Geschmäckern, Stilen oder technischen Ständen — hier geht es um etwas Grundsätzliches. Es geht um die Suche nach dem Bestmöglichen, nach einem Wertbegriff, der schlichtweg zeitlos ist.

Heutigen Zeitgenossen ist gerade das am schwersten zu begreifen. Zeitlosigkeit ist eine völlig andere Dimension als Mode, Trend oder Stand der Technik — Begriffe, wie sie in unserer Zeit jedem bereits mit der ersten Muttermilch eingeflößt werden, Begriffe, die überall reflexartig nachgeplappert werden, ohne daß jemand auch nur Sekunden an die Überlegung verschwendet, was denn an Wahrem und Echten dahintersteckt hinter derartigen Parolen. Ich nenne das Gehirnwäsche und habe mir mit solchen Aussagen schon reihenweise Feinde zugezogen. Aber wenn etwas für mich Gehirnwäsche ist, dann das: Zu meinen, die gerade gültigen, von keinem wirklich hinterfragten Werte, wie sie auf allen Kanälen und in allen Medien in die Gehirne geblasen werden, seien deshalb echt und wahr, weil alle anderen auch so denken, das ist für mich nichts anderes als Dummheit und Unmenschlichkeit und es ist zugleich der Ort, aus dem jegliches menschliche Elend entspringt — Kriege, psychische Konflikte, Sinnentleerung und individuelle Verzweiflung mit eingeschlossen.

Nur wirklich selbständige und intelligente Menschen vermögen sich aus dieser Massenhypnose zu lösen und auf die Suche nach tieferliegenden Wahrheiten zu gehen. Das verlangt Mut. Es ist nicht der Mut des Tauchers, Rennfahrers, Skifliegers, Bergsteigers oder anderer Abenteurer der Extremerfahrung, sondern es ist der Mut dessen, der es wagt, die Geleise des gewöhnlichen Denkens zu verlassen, selbst nachzuprüfen und nachzuforschen, was überhaupt wahr ist, und sich dann auf seine eigenen Beobachtungen und Wahrnehmungen mehr zu verlassen als auf das, was die dumpfe Herde der Mitläufer für richtig hält. Nach meiner Erfahrung ist dieser Mut höher einzuschätzen — er verlangt besondere charakterliche Qualitäten, und er wird mit einer viel strikteren Ausgrenzung seitens der Mitläufergesellschaft bestraft. Wer in jeder Beziehung selbstständig denkt, selbständig beobachtet, selbständig handelt, der hat, wenn es aufs Ganze geht, mindestens 2000 Jahre Kulturgeschichte, Kulturprägung und somit eine tiefgreifende mentale und kulturelle Vorprogrammierung gegen sich. Der braucht nicht nur Intelligenz, sondern auch Stärke, Stehvermögen und nicht zuletzt eine unglaubliche Bescheidenheit und Demut.

Chronoswiss Kairos Chronograph Skelett

Chronoswiss Kairos Chronograph
Gehäuse in Rotgold,
Werk skelettiert

Das Zeitlose ist etwas völlig anderes als das Zeitverhaftete und diesem radikal entgegengesetzt. Wer im Zeitlosen denken, fühlen, atmen und agieren will, der muß alles in Frage stellen, muß nach neuen Antworten suchen und muß sich dann daran begeben, diese Antworten in die Tat umzusetzen — sie zu verwirklichen. Auf die Uhren bezogen heißt das: Jemand wie Lang geht auf die Suche nach dem historischen Prototyp für den optimalen Wert und die optimale Funktion, und für optimalen Stil. Er durchforscht die ganze Uhrenhistorie komplett, bis er das nach eigenem besten Wissen und Ermessen Optimale findet, und dieses Optimale macht er sich zum Wegweiser, um selbst danach zu handeln. Auf diese Weise sind seine Uhren entstanden. Und der Prozeß ist noch nicht zuende. Wie er selbst sagt, ist er immer bereit, Dinge, die sich als unvollkommen erweisen, im weiteren Ablauf der Fertigung umzustellen und zu verbessern, genau so wie es Ferdinand Porsche mit dem VW-Käfer tat und es dessen Nachfolger wohlweislich beibehielten.

Darin, das muß hier auch klar betont werden, unterscheidet sich Gerd-Rüdiger Lang grundsätzlich von Jean-Claude Biver. Biver hat Blancpain nämlich längst verkauft. Blancpain ist längst nicht mehr die Firma, die seinerzeit zur Wiederbelebung alter Fertigungstradition angetreten war. Ein Blick auf die heutigen Modelle zeigt ganz klar, daß Blancpain heute genau so modisch und "trendig" und zeitverhaftet ist wie die meisten anderen Uhrenmarken auch. Die geniale Rückbesinnung auf klassische Werte hat Biver mit Blancpain zu einem glänzenden Neustart verholfen, aber das ist inzwischen schon lange vorbei und beinahe vergessen.

Dagegen ist Gerd-Rüdiger Lang, wie ich mich persönlich bei unserem Gespräch überzeugen konnte, der Letzte, der jemals auf diese Weise seine Prinzipien hergeben oder auch nur modifizieren würde. Er weiß, daß er damit das eigentliche Herz seines Lebensziels, seiner schöpferischen Leidenschaft verraten würde und damit sich selbst. Bei Lang mache ich mir eher Sorgen, daß er sich zu sehr aufopfert und vergißt, das Ganze auch als schönes Spiel zu betrachten — ganz im Sinne der tieferen Bedeutung von Zeitlosigkeit, denn wer Zeitlosigkeit verstanden hat, wird erkennen, daß alles schon da ist, daß nichts „gemacht“ werden muß, und daß es nichts gibt, das es jemals lohnen würde, den eigenen Seelenfrieden aufs Spiel zu setzen.

Zeitlosigkeit heißt: Das Leben feiert sich selbst. Welch schöneren Beweis könnte es dafür überhaupt geben als gerade diese wundervollen Uhren von Chronoswiss?

Zeitlosigkeit ist Lebenskunst, Zeitlosigkeit ist Gelassenheit, Zeitlosigkeit ist Frieden mit sich selbst. Wie ich hier immer wieder betont habe, sind diese mechanischen Uhren ein Schlüssel, ein Zugang hierzu. Den Uhren muß ein Bewußtsein entsprechen, das das zu erfassen, bzw. — wie genauer zu formulieren ist: — das das zuzulassen in der Lage ist. Wir lassen Qualität nicht zu, wir lassen Frieden nicht zu. Auch diese neuerdings wieder aufgewärmte Phrase, daß wir für Frieden kämpfen müßten, führt in die völlig falsche Richtung, und wieder stehen genug Mitläufer, bis hin zu Regierungsinstanzen, bereit, um diesen horrenden Unsinn nachzuplappern. So wird nie etwas daraus! Ich habe immer argumentiert — und stichhaltig argumentiert, wie auf diesen Seiten nachzulesen und nachzuprüfen ist —, daß Qualität einer Vielzahl von Menschen zugänglich ist, die immer noch behaupten, sie sei zu teuer, also unerschwinglich. Dieselben Menschen sind dann aber bereit, für Minderwertiges, vom Zigarettenbeispiel gar nicht zu reden, Tausende auszugeben, und sich in der flachen Medien- und Unterhaltungskonsumindustrie bereitwillig abzocken zu lassen, wenn ihr Geist nur schön dicht genug benebelt oder anderweitig betäubt und abgelenkt wird.

Warum bauen wir heute immer noch Autos, die seelen- und charakterloser und stilloser sind als Modelle der 30er, 40er und 50er Jahre? (Inzwischen beginnt Europa, wie ich gehört habe, zu lernen, und in den USA streichen europäische Wagen die Hauptzuwachsraten ein, weil besser verstanden worden ist, daß es um auch Gefühle geht und nicht nur um trockene Funktion.) Warum leben wir immer noch in eiskalten Interieurs, neonbeleuchtet und mit weißem Plastik ausgekleidet? Warum ist unsere Kleidung so steril, langweilig und immer-gleich? (Noch nie war Kleidung so ideenlos, schmucklos, billig und fade wie in der jetzigen Ära.) Es ist unsere Wahl. Jeder entscheidet hier für sich. Und in der Summe solcher individuellen Präferenzen entsteht dann unsere Kultur. Und wenn sich so viele Menschen darin so heimatlos, ausgegrenzt und sinnentleert fühlen, dann steckt dahinter nichts anderes, als daß die ganze Herzlosigkeit, Rücksichtslosigkeit und Engherzigkeit, mit der wir uns selbst bedenken, in großem Stil wieder auf uns herabkommt als hohle Kultur, als sinnloser Lärm und grelles Geplänkel ohne Inhalt.

Das ist der Grund, warum Lang weiterhin an seinen Uhren feilt und sein Herzblut investiert. Wer bei ihm kauft, erhält das Zertifikat mit seiner persönlichen Unterschrift — mit Füllfederhalter, nicht per Kugelschreiber, versteht sich. Er tut das, was er kann, und er gibt sein Bestes. Und in dem guten Wissen, daß das so ist, tue ich hier mein Bestes, und bin glücklich damit. Vielleicht gibt es noch andere, vielleicht gehören Sie, lieber Leser dieser Internetseiten, dazu, die dem nachgehen und sich davon gerne anstecken lassen möchten? Dann wünsche ich Ihnen Glück — mit jedem Schritt, den Sie in dieser Richtung gehen, werden Sie sich selbst beschenken. Lassen Sie sich nicht auf eine als angeblich besser verheißene Zukunft der Moderne hypnotisieren und warten Sie nicht auf die fiktiven Früchte, die ihnen dort verheißen werden — schätzen Sie das Jetzt und dessen zeitlose Qualitäten, und wenn Sie schon in diesem Jetzt das erfüllende Wissen spüren, auf dem richtigen Weg zu sein, dann haben auch Sie es verstanden — dann hat es auch bei Ihnen Klick gemacht.


Chronoswiss Tora Chronograph

Chronoswiss Tora Chronograph
in Edelstahl

Gerd-Lothar Reschke
— München, 12.1.2002 —

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