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ZEITGEFÜHL

Magazin für hochwertige
Mechanikuhren

Uhrenjournal

Meine persönlichen Uhren-Favoriten

Eine persönliche Auswahl mit Kurz-Portraits der wichtigsten Eigenschaften und Merkmale der betreffenden Modelle.

Natürlich ist die nachfolgende Auswahl völlig subjektiv — das ist ohnehin klar. Aber der Clou ist darüber hinaus, daß es viele Uhren aus meiner Auswahl gar nicht mehr zu kaufen gibt.


Vielleicht liegt hier auch der Grund für diese Liste. Denn mein Geschmack unterscheidet sich komplett vom gegenwärtigen Modetrend, der das Klassische immer mehr zurückdrängt zugunsten einer ego-orientierten Aufschneiderei (möglichst grelle, klotzige Uhren, mit denen der Kleinbürger unserer Zeit, voll von Minderwertigkeitskomplexen und Ohnmachtsgefühlen, wie sie heute bei vielen unausweichlich mit dazugehören, auf sich aufmerksam zu machen versucht, anstatt sich im stillen an den nicht nur äußerlichen Werten seiner Uhr so zu erfreuen wie an der bloßen Qualität seiner eigenen Würde und Lebendigkeit).

Hinweis: Die Liste wird ständiger Veränderung unterliegen...

Blancpain Mondphase

Mit diesem Modell startete Jean-Claude Biver Anfang der 80er Jahr die Renaissance der mechanischen Armbanduhr, indem er die Marke Blancpain mit diesem Modell präsentierte. (Etwa zeitgleich und unabhängig von ihm wagte Gerd-Rüdiger Lang mit Chronoswiss dasselbe Unterfangen.)

Blancpain Mondphase

Blancpain Mondphase,
das Urmodell zum Neubeginn der Marke ca. 1983

Bildquelle/Alle Rechte bei: Blancpain

Ich kann mich noch gut an das Aufkommen dieser Uhren erinnern. Ich stand damals bei Wempe in der Münchener Kaufinger Straße (das Geschäft hat inzwischen seinen Standort gewechselt) und bewunderte die Uhren im Schaufenster. Nicht nur einmal oder zweimal; ich ging immer wieder hin. Sie hatten etwas Besonderes, das ich schwer beschreiben kann. Sie drückten völlige seriöse, verläßliche Handwerkskunst aus. Nein, sie waren nicht modisch oder schickimicki, wie heute die erdrückende Mehrzahl des Angebots, sondern sie hatten etwas völlig Eigenständiges, fast schon Aufsässiges. Man schaue sich nur mal das Armband an: nicht nur aus derbem Straußenleder, sondern grob mit der Nadel in Handarbeit genäht, was deutlich an der niemals völlig geraden Stichlinie zu erkennen ist. Damals hatte man noch Mut zur Unvollkommenheit und wußte: nur darin, in ihrer bewußten Annahme, liegt wahre Perfektion.

Und dann auch noch die Mondphase — das war seinerzeit etwas absolut Neues. Das klare, runde Gehäuse aus Massivgold. Und das hell-leuchtende, makellose Weiß der Zifferblätter. Es gab keine andere Farbe, nur dieses Weiß, bei allen Modellen der Serie.

Wie lautete noch der Slogan, mit dem Blancpain damals an die Öffentlichkeit trat?

"Seit 1735 gibt es bei Blancpain keine Quarzuhren.
Es wird auch nie welche geben."

Und das zu einer Zeit, als es praktisch nur noch Quarzuhren gab! Heute undenkbar...


Hublot Big Bang

Bleiben wir doch gleich bei Jean-Claude Biver. Es wird jetzt so aussehen, als würde ich meine eigenen, gerade noch im vollsten Brustton der Überzeugung Hublot Big Bang Red Gold Black Ceramic

Hublot Big Bang Red Gold Black Ceramic
Chronograph mit Automatikwerk

Bildquelle/Alle Rechte bei: Hublot
geäußerten Prinzipien verraten und mich endgültig lächerlich machen, wenn ich nun mit dieser Uhr komme, die genau das ist: grell, auffällig, womöglich sogar klotzig — mit der Big Bang als neuer Schöpfung dieses Uhrenkreateurs. Diesen "Urknall", den Biver da im April 2005 auf die Menschheit losgelassen hat, muß man dann auch erst einmal verkraften.

Natürlich meint derjenige, der Bivers bisherigen Werdegang kennt, er hätte nun alles bisherige über den Haufen geworfen und wäre seinem unaufdringlichen, ruhigen Stil untreu geworden. Und trotzdem: Diese Uhr hat Raffinesse, genau wie die Royal Oak von Audemars Piguet Raffinesse hat. Das sind Uhren, die ganz für sich stehen und sich einen Dreck um Altbewährtes und Traditionelles kehren. Sie schaffen ihre eigene Form- und Stilsprache.

Im Falle der Big Bang geht es um die Verbindung verschiedenster Materialien. (Näheres dazu steht im entsprechenden Uhren-Wiki-Beitrag nachzulesen.) In jedem Fall ist die Uhr unverwechselbar, kreativ und markant. Und — sie gefällt mir.


Audemars Piguet Royal Oak Offshore

Der (oder dem) Big Bang wird Imitation der lange etablierten Erfolgsuhr Royal Oak Offshore von Audemars Piguet vorgeworfen. Mir gefallen beide Uhren. Natürlich war die Royal Oak viel früher dran, und sie hat ein Manufakturwerk. Aber ich finde, es "muß" nicht unbedingt die achteckige Lünette sein, und es "muß" auch nicht das größte der übergroßen Gehäuse sein.

Audemars Piguet Royal Oak Offshore

Audemars Piguet Royal Oak Offshore
Modell 26158 (Arnold's All-Stars), Rosé-Gold
Werk AP 3126/3840, Gehäusegröße: 48 mm

Bildquelle/Alle Rechte bei: Audemars Piguet

Von der Royal Oak und insbesondere von ihrem trendigen Ableger Offshore gibt es inzwischen unzählige Varianten. Die Abbildungen zeigen zwei von ihnen.

Audemars Piguet Royal Oak Offshore

Audemars Piguet Royal Oak Offshore
Modell 26078 (Barrichello II), Rosé-Gold/Carbon
Werk AP 2326/2840, Gehäusegröße: 46 mm

Bildquelle/Alle Rechte bei: Audemars Piguet

Wie bei der Hublot sind etliche der in den Katalogen stehenden Varianten eher als Geschmacksverirrungen zu bezeichnen, aber das ist bei vielen Marken so — man denke nur an Rolex! —, gerade da, wo unzählige Kombinationen und Sorten von Gehäusen, Zifferblättern, Materialien und Farben geboten werden; von den diamantbesetzten Modellen ganz zu schweigen.


Jacques Etoile Venus 175 Appliqué

Leider gibt es auch diese Uhr nicht mehr. Der Grund: Bei dem hier verwendeten legendären Handaufzug-Kaliber Venus 175 handelt es sich um vergriffene Restbestände, von denen sich Jacques Etoile (bzw. der Firmenchef Klaus Jakob) seinerzeit noch etwas für seine Werkstatt sichern konnte.

Jacques Etoile Venus 175 Appliqué

Jacques Etoile Venus 175 Appliqué,
mit dem legendären Handaufzug-Kaliber Venus 175

Bildquelle/Alle Rechte bei: Jacques Etoile

Darüber hinaus ist das Zifferblatt der Uhr im Stil der 40er Jahre eine wahre Augenweide, gerade wegen seiner genialen Einfachheit und Klarheit.


Rainer Brand Carcassonne, Rainer Brand Panama

Die Carcassonne gibt es leider auch nicht mehr, weil das Lemania Kaliber 1352 seit dem Aufkauf von Lemania durch die Swatch Group nicht mehr geliefert wird.

Rainer Brand Carcassonne

Rainer Brand Carcassonne,
mit dem hochwertigen Lemania-Kaliber 1352

Bildquelle/Alle Rechte bei: Rainer Brand

Einfach eine bildhübsche Uhr mit einem ruhigen, unaufdringlichen, geschmeidigen Stil, bei der alles zusammenpaßt: Zifferblatt, Zeiger, Indexe und Beschriftung, Gehäuse, Drücker, Krone, Bandanstöße, und natürlich das hervorragende Werk. Manchmal soll die Uhr als einzelnes Angebot noch zu finden sein...

Wer sie nicht findet, der findet bei der Panama Classic dieselbe vollkommene Stimmigkeit von Uhr, nur ohne Chronographenfunktion:

Rainer Brand Panama Classic

Rainer Brand Panama Classic

Bildquelle/Alle Rechte bei: Rainer Brand

Wie der Name schon sagt: klassisch. Ein zeitloser Klassiker.


Rolex Explorer I

Eigentlich hatte ich mir ja fest vorgenommen, hier unter den Favoriten keine Rolex zu bringen, einfach weil sich die Firma immer dünkelhafter gibt. (Die Firma meine ich hier, nicht das übliche Vorurteil, das die Uhren betrifft. Die Uhren, und in jedem Fall das gezeigte Modell, sind über alle Zweifel erhaben und gehören immer noch zum Allerbesten, was es am Handgelenk geben kann.)

Rolex Explorer I

Rolex Oyster Perpetual Explorer

Bildrechte: Rolex

Klarer und prägnanter als bei der Rolex Explorer I geht es nun wirklich nicht mehr. (Übrigens keine Aufschneideruhr, sondern eher unscheinbar und von den meisten gar nicht als Rolex identifiziert.) Die Verarbeitungsqualität der Uhr einschließlich Werk und die Genauigkeit und Robustheit des Werks sind über jeden Zweifel erhaben.

Entwickelt wurde die Explorer I übrigens für die britische Erstbesteigungs-Expedition am Mt. Everest von 1953, und Sir Edmund Hillary trug sie auf dem Gipfel.

Im Gegensatz zu etwa den obigen Offshore-Modellen ist die Uhr eher klein und für normale bis kleine Handgelenke besser geeignet. Denn die Uhr muß harmonisch zum Körper und zum Typ des Trägers passen; das wird immer wieder vergessen.


Richard Mille RM 025 Tourbillon Chronograph Diver

Also gut: ich bin verrückt geworden. Das Partnermodell dieser Uhr hier (die Richard Mille RM 028 Diver) hatte ich bei der MunichTime 2011 am Arm. Und dann hat es mich erwischt. Was kann man da machen? So ist es eben mit der Liebe — gar nichts kann man dagegen machen. Alle anderen blicken schadenfroh und lachen dich aus: "Wie kann man nur..." Und doch: Ist Liebe nicht schön, selbst wenn sie schmerzt?

Die, die ich meine, kostet ca. 600.000 € — dagegen war ja die Richard Mille RM 028 Diver noch richtig "billig": da kam man ja mit irgend etwas zwischen 70.000 und 80.000 Euro noch geradezu günstig weg.

Für die ungewöhnliche Verbindung der Komplikationen Tourbillon und Chronograph in einem Uhrwerk (und in einer Taucheruhr (!)) sind bei Richard Mille mehr als fünf Jahre Entwicklungsarbeit investiert worden. (Uhreninfo siehe Uhren-Wiki)

Hier nun also meine Angebetete:

Richard Mille RM 025 Tourbillon Chronograph Diver

Richard Mille RM 025 Tourbillon Chronograph Diver
Handaufzugs-Manufakturwerk Kaliber RM 025, 21.600 A/h
Chronograph mit Minutentourbillon,
Platine aus Karbon-Nanofasern,
Säulenrad und Schalthebel des Chronographen aus Titan,
Gangreserve 70 h

Richard Mille RM 025 Tourbillon Chronograph Diver

Rückseite mit Sichtboden

Bildquelle/Alle Rechte bei: Richard Mille.

Warum ich mich verliebt habe? Weil ich die Richard Mille RM 028 Diver am Arm hatte. Durchmesser mehr als 50 mm, und doch paßte sie wie angegossen. Weil sie einen gewölbten Gehäuseboden hat. Und dann ist die Uhr aufgrund der innovativen Materialien — Titan-Gehäuse, Platine aus Karbon-Nanofasern — verblüffend leicht. Eigentlich wollte sie auch nicht mehr fort — fort von meinem Handgelenk, wo sie sich so richtig schön schmusig angeschmiegt hatte, so als wäre dort, und nur dort, ihr Platz.

Ach, und was hatte ich eingangs geschrieben? Stand da nicht etwas über "....möglich grelle, klotzige Uhren, mit denen der Kleinbürger unserer Zeit, voll von Minderwertigkeitskomplexen und Ohnmachtsgefühlen ... auf sich aufmerksam zu machen versucht"? War das jetzt ein Selbstportrait? Nein, eigentlich doch nicht. Denn ich gehe jede Wette, daß fast jeder, der solch eine Uhr sehen würde, nie und nimmer ahnen würde, was er da vor sich hat. Er würde doch wohl viel eher annehmen, so ein Ding kostete so zwischen 50 und 100 Euro und sei eine billige Plastikimitation. Aber wie er sich da täuscht! Denn das hier ist nicht nur höchste Uhrmacherkunst der Spitzenklasse, sondern eine echte Avantgarde der Innovation und kreativen Leidenschaft. Hier wird nicht einfach nur immer dieselbe Tradition heraufbeschworen; hier wird echtes Neuland beschritten.

Gerd-Lothar Reschke
München, 6.1.2008 / 6.2.2012

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